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Unsere aktuellen Newsletter

von Carsten Held 3. April 2025
Wir kennen sie doch alle: Auf der einen Seite die leistungsorientierten Kollegen, die hilfsbereit unterstützen und auch mal die extra Meile für´s Unternehmen gehen, ohne dabei sofort nach Gehaltserhöhung oder Beförderung zu schreien. Und auf der anderen Seite eher egoistische Mitarbeiter, deren Aufwand sich nicht selten auf Dienst nach Vorschrift beschränkt und auf die man sich nicht immer verlassen kann. Adam Grant, ein sehr bekannter Organisationspsychologe, nennt die einen Geber und die anderen Nehmer. Sein aktueller TED-Talk klärt auf, warum gerade die Geber so elementar wichtig für den Unternehmenserfolg und die Unternehmenskultur sind: https://www.ted.com/talks/adam_grant_are_you_a_giver_or_a_taker Das Verhalten der Guten, die eine extra Schippe drauflegen, mit Leichtigkeit freundlich und hilfsbereit agieren, das nennt man im Fachjargon Organizational Citizenship Behaviour (OCB), auf Deutsch gelegentlich (und gleichsam etwas unglücklich eng wörtlich übersetzt)) als "freiwilliges / bürgerschaftliches Engagement" bezeichnet. Es beschreibt freiwilliges, über das formale Rollenprofil hinausgehendes Verhalten von Mitarbeitern. Solches Verhalten kommt letztlich dem Team, dem Unternehmen und sogar Kunden sowie Lieferanten zugute. Es trägt zudem wesentlich zur Effektivität und zum positiven Klima des Unternehmens bei. Es erhöht Mitarbeiterzufriedenheit, Motivation und senkt die Fluktuation. Die Theorie schreibt diesen Personen als Erkennungsmerkmale vor allem Freiwilligkeit, Prosozialität und Verhaltensformen wie Hilfsbereitschaft, Eigeninitiative, Loyalität, Teamorientierung und konstruktive Rückmeldungen zu. Klassischerweise werden die folgenden fünf Dimensionen von OCB unterschieden: Altruismus: Anderen bei der Arbeit helfen (z.B. neuen Kollegen den Einstieg erleichtern). Gewissenhaftigkeit: Überdurchschnittliche Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein. Höflichkeit: Rücksichtnahme, um Konflikte zu vermeiden. Sportsgeist (Sportsmanship): Positive Einstellung, auch bei Schwierigkeiten. Bürgertugenden (Civic Virtue): Aktive Teilnahme am organisatorischen Leben, Interesse am Unternehmensgeschehen. Obgleich ein solcher persönlicher Einsatz stets gerne gesehen ist, wird er nicht immer wahrgenommen oder stillschweigend als selbstverständlich banalisiert. Sprich, hier ist in vielen Fällen etwas mehr Fingerspitzengefühl, Feedback und Anerkennung seitens der Führungskraft gefordert. Dabei zeigt sich, einmal mehr, wie Führungskräfte zusammen mit einer strategisch ausgerichteten HR-Abteilung das Unternehmen und speziell OCB vorantreiben können. 🎯 Als Führungskraft OCB aktiv fördern bedeutet: Vorbild sein: Führungskräfte können OCB durch ihr eigenes Verhalten modellieren und es selbst leben. Anerkennung zeigen: Auch kleine, freiwillige Beiträge sollten – angemessen, nicht übertrieben, wertgeschätzt werden. (Größeres Engagement ohnehin!) Zudem fördert offenes, wertschätzendes Feedback fördert bürgerschaftliches Verhalten. Offene Kommunikation: Transparente Entscheidungsprozesse fördern das Zugehörigkeitsgefühl. Partizipation ermöglichen: Mitarbeitende einbinden, um Verantwortung und Engagement zu fördern. Positive Unternehmenskultur schaffen: Vertrauen, Respekt und Zusammenarbeit betonen. 🎯 Für HR-Abteilungen beinhaltet der unternehmensweite Ausbau von OCB: Rekrutierung & Auswahl: Fokus auf Soft Skills und OCB-Tendenzen bei der Bewerberauswahl. Nebenbei: OCB und CWB (siehe unten) kann man messen und somit auch testen. Mitarbeiterentwicklung: Trainingsprogramme zur Förderung von Teamgeist, Eigeninitiative und Feedback-Kultur. Performance Management: Integration von OCB in Feedback- und Evaluationssysteme (z.B. 360°-Feedback). Kulturförderung: Gestaltung von Anreizsystemen, die nicht nur Leistung, sondern auch kooperatives Verhalten honorieren. Demgegenüber steht Counterproductive Work Behaviour (CWB), auf Deutsch "Kontraproduktives Arbeitsverhalten". Es beschreibt absichtliches Verhalten von Mitarbeitenden, das den Interessen des Unternehmens, der Kollegen und Kolleginnen oder der Arbeitsumgebung schadet. Im Gegensatz zu OCB, das freiwillig positives Verhalten fördert, ist CWB gezielt destruktiv und kann erhebliche Kosten verursachen. Hier zeigen sich direkte wirtschaftliche Schäden für das Unternehmen, z.B. durch Produktivitätsverluste durch unmotiviertes Arbeiten oder absichtliches Verlangsamen von Tätigkeiten (sog. Bummelverhalten). Es zählen aber auch unsittliches Verhalten, sozialer Missbrauch, Diebstahl, Mobbing, Unterschlagung von Firmeneigentum sowie Betrug, oft in Form von Abrechnungs- oder Zeitbetrug oder Absentismus dazu. Im Ergebnis wird die Unternehmensleistung auch durch Image- und Reputationsschäden sowie dem Weggang von guten, talentierten Mitarbeitern ausgebremst. Die Theorie unterscheidet zwischen Interpersonellem CWB, z.B. Mobbing, Belästigung, absichtliche Feindseligkeit. Organisationalem CWB, z.B. Sabotage, Diebstahl, Vertragsbruch, Missbrauch von Ressourcen. Obwohl es Überschneidungen gibt, sind die Strategien zur Förderung von OCB nicht gleich denen der Prävention vor CWB. OCB-Förderung und CWB-Prävention sind zwei Seiten derselben Medaille: Eine positive Unternehmenskultur reduziert das Risiko von CWB automatisch. Dennoch braucht es zusätzliche Mechanismen (wie Disziplinarverfahren), um extremes Fehlverhalten zu kontrollieren. So kann eine Führungskraft freiwilliges Engagement im Team erkennen und belohnen. Die gleiche Führungskraft muss aber auch schnell und konsequent reagieren, wenn ein Teammitglied systematisch Informationen zurückhält, um Kolleginnen zu sabotieren. 🚀 Was HR und Führungskräfte rund um CWB tun können: Prävention von CWB (proaktiv): Kultur der psychologischen Sicherheit: Mitarbeitende sollen offen über Probleme sprechen können, ohne Angst vor Repressalien. Fairness und Transparenz: Wahrgenommene Ungerechtigkeit ist ein häufiger Auslöser von CWB. Klare Regeln und transparente Entscheidungen wirken präventiv. Mitarbeiterbeteiligung: Einbindung in Entscheidungsprozesse fördert Verantwortungsgefühl und senkt Frustration. Gezielte Personalauswahl: Psychometrische Tests können helfen, Kandidaten und Kandidatinnen mit hoher Neigung zu CWB zu identifizieren (z.B. geringe emotionale Stabilität, hohe Impulsivität). Intervention bei CWB (reaktiv): Früherkennung: Schulung von Führungskräften zur Identifikation von Frühwarnzeichen (z.B. plötzlicher Leistungsabfall, negative Verhaltensmuster). Klare Konsequenzen: Ein transparentes System von Konsequenzen bei Fehlverhalten (z.B. Abmahnungen) schafft Orientierung. Mediation und Coaching: Konfliktmoderation kann helfen, interpersonelle CWB-Fälle wie Mobbing zu deeskalieren. Whistleblower-Systeme: Anonyme Meldestellen ermöglichen es Mitarbeitenden, Missstände ohne Angst vor Repressalien zu melden. Fazit - Handlungsempfehlung für HR und Führungskräfte OCB und CWB sind zentrale Faktoren für den Erfolg und das Arbeitsklima eines Unternehmens. Während OCB die Zusammenarbeit stärkt, die Produktivität fördert und das Engagement der Mitarbeitenden erhöht, wirkt CWB dem entgegen, indem es Konflikte schürt, die Teamdynamik stört und langfristig den Unternehmenserfolg gefährdet. Daher liegt es in der Verantwortung von HR und Führungskräften, eine Unternehmenskultur zu schaffen, die OCB aktiv fördert und CWB wirksam vorbeugt. Dies erfordert klare Kommunikationsstrukturen, transparente Verhaltensrichtlinien und ein Umfeld, das von Wertschätzung, Fairness und psychologischer Sicherheit geprägt ist. Also, etablieren Sie als Führungskraft gezielte Maßnahmen zur Anerkennung positiven Verhaltens und zeigen sie Durchsetzungsvermögen bei der Sanktionierung von CWB. Als HR gilt es Mitarbeiter hinsichtlich OCB zu selektieren und Rahmenbedingungen für konstruktives Feedback zu schaffen sowie Evaluationskriterien inkl. Belohnungskomponenten für OCB zu etablieren. Das sind die Grundsteine für ein nachhaltiges, positives Arbeitsumfeld! IM NÄCHSTEN NEWSLETTER: Psychologische Sicherheit Hochleistungs-Teams - Mut zur Meinung und Spaß an Leistung
von Carsten Held 19. März 2025
Immer wieder verdeutlicht unser Newsletter, wie sehr gute, strategisch ausgerichtete HR-Arbeit im Schulterschluss mit guter Führung auf eine positive Unternehmenskultur einzahlt. Dabei hat der letzte Newsletter den Mehrwert positiver Unternehmenskultur klargestellt und die Rollen seitens HR sowie Führungskräften veranschaulicht. Im Zweifel und je nach Stand im Unternehmen fällt HR hierbei die Vorreiter-Rolle zu und die Führungskräfte werden im zweiten Schritt zu essentiellen Multiplikatoren. Weder diese Sichtweise noch die hohe Wertigkeit für das Unternehmen sind strittig. Jedoch zeigen sich beim Thema Umsetzung in Gesprächen mit den Verantwortlichen wiederkehrende Antwortmuster; hartnäckig und quasi unabhängig von Zeit und Raum: „ Die Unternehmenskultur nachhaltig positiv zu verändern ist ein zu dickes Brett, von dem wir besser die Finger lassen sollten: Denn in der eigenen DNA pfuscht man besser nicht rum.“ „Wir erkennen grundsätzlich einige Ansätze zur Verbesserung. Wir sind da auch schon dran, nur aktuell ist es unpassend: Wir haben zu viele andere Baustellen und müssen gerade zu viele Bälle hochhalten.“ „Wir erkennen den Mehrwert ja an, aber wir wissen gar nicht recht, wo wir anfangen sollen. (Und externe Berater können wir uns nicht leisten.)“ Oft sind diese Antworten Vorschub für Bequemlichkeit , spiegeln die Angst vor Veränderung wider oder zeigen mangelnde Bereitschaft zur Selbstreflexion . Gerade, wenn der Laden doch auch so ganz gut läuft…Es klingt allerdings auch an, dass es an einer passenden Portionierung, den kleinen, organisational gut verdaulichen Häppchen, fehlt. Dabei geht es doch viel weniger um einen Big Bang Approach mit dem reißerischen Charakter einer Revolution als vielmehr um eine möglichst sanfte, leise und angenehme Transformations-Brise. Es ist also überhaupt nicht nötig, gleich das ganz große Rad im Unternehmen zu drehen und riesige Aufwände über längere Zeiträume zu verplanen. Zudem muss auch beim Thema Unternehmenskultur das Rad nicht neu erfunden werden: Vornehm-professionell ausgedrückt kann man sich an Best Practices orientieren, im IT-Parlons copy + paste vornehmen oder trivial im Milieu der Kunst von einer Raubkopie sprechen: Denn es gibt bei einigen Unternehmen das sogenannte „Wheel of Misfortune“! Das WoM kommt grundsätzlich in zwei sehr unterschiedlichen Formen, aber dennoch stets mit zumindest einem gemeinsamen Ziel daher: dem organisationalen Lernen. Eine Form ist es, mittels "Wheel of Misfortune" die gravierendsten Fehler im Unternehmen monatlich nicht nur zu veröffentlichen, sondern sogar zu prämieren. Durch die Veröffentlichung im Intranet haben wirklich alle etwas davon und können an einer guten Geschichte nicht nur persönliche Schadenfreude ausleben oder stolz bekennen „den kenn ich!“. Sie können vor allem aus den Fehlern anderer lernen und somit das Unternehmen vor weiterem Schaden gleicher Art bewahren. Der Mut, den eigenen Fehler offengelegt zu haben und es mit der eigenen Missetat sogar unter die Top 3 in einem Monat geschafft zu haben, wird dann sogar monetär gewürdigt. Das Unternehmen zeigt damit – höchst eindrucksvoll - dass Lernen und die Psychologische Sicherheit im Unternehmen wichtige, vor allem aber auch gelebte Werte sind. Das kann ein Game Changer für die Unternehmenskultur werden! Die andere Variante wird auch häufig als interaktives Lernwerkzeug mit dem Begriff Post-Mortem umschrieben und in speziellen Experten-Meetings oder Retrospektiven eingesetzt. Sehr verbreitet ist es vor allem in agilen (IT) Teams. Das Ziel ist es, auf spielerische Weise aus Fehlern zu lernen und die Fehlerkultur offener und weniger belastend zu gestalten. So funktioniert es: Das "Wheel of Misfortune" ist meist ein virtuelles oder physisches Rad mit verschiedenen Feldern. Jedes Feld repräsentiert eine Art von Fehler, eine Herausforderung oder ein Szenario, das im Unternehmen bereits vorgekommen ist oder vorkommen könnte. Drehen und Diskutieren: Das Team dreht das Rad, und das gewählte Szenario wird dann besprochen. Das kann ein echter Vorfall sein (z.B. ein Systemausfall, ein verpasster Termin oder ein Kommunikationsfehler), oder ein hypothetisches Problem. Das Team analysiert dann gemeinsam: - Was ist passiert? - Warum ist es passiert? - Wie wurde reagiert? - Wie könnte man es in Zukunft verhindern? Lernziele: Der Fokus liegt darauf, Lösungen zu finden, anstatt Schuldige zu suchen. Es soll helfen, Fehler zu normalisieren und eine offene Fehlerkultur zu fördern, in der das Team aus Problemen wächst Warum wird das gemacht? Förderung von Transparenz: Es hilft, Fehler offen anzusprechen, ohne dass jemand Angst vor Schuldzuweisungen haben muss. Bessere Problemlösung: Durch die Diskussion werden neue Strategien entwickelt, um ähnliche Fehler in der Zukunft zu vermeiden. Teamstärkung: Das Team lernt, dass Fehler menschlich sind, und baut Vertrauen auf, indem gemeinsam an Verbesserungen gearbeitet wird. Der Ansatz zeigt, wie das "Wheel of Misfortune" nicht nur zur Fehlervermeidung, sondern auch zur Stärkung der Teamdynamik und Verbesserung von Prozessen durch die Stärkung einer guten und konstruktiven Fehlerkultur beitragen kann. Die Verbindung zu dem für positive Unternehmenskultur so zentralen Konzept der Psychologischen Sicherheit ist hier besonders spannend: Das "Wheel of Misfortune" bietet Teams die Möglichkeit, sich gezielt mit herausfordernden Situationen auseinanderzusetzen, die normalerweise Stress oder Unsicherheit auslösen könnten. Durch diese kontrollierten Simulationen erleben Mitarbeitende, dass Fehler nicht mit Schuldzuweisungen verbunden sind, sondern als wertvolle Lernchancen dienen. Indem das Team gemeinsam an der Lösung unerwarteter Probleme arbeitet, wird deutlich: Fehler sind ein natürlicher Teil des Entwicklungsprozesses. Das bewusste Durchleben solcher Szenarien zeigt, dass es nicht um Perfektion, sondern um gemeinsames Lernen und kontinuierliche Verbesserung geht. Das "Wheel of Misfortune" trägt gezielt zur Stärkung der Resilienz im Team bei. Wenn Mitarbeitende in herausfordernden Situationen zusammenarbeiten, erfahren sie, dass sie sich aufeinander verlassen können – selbst unter Druck. Dieses gemeinsame Bewältigen von Stresssituationen fördert das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die des Teams. Mitarbeitende erleben, dass sie in einem geschützten Rahmen risikofrei experimentieren und improvisieren dürfen, was das Zusammengehörigkeitsgefühl nachhaltig stärkt. Die durch das "Wheel of Misfortune" simulierten Krisensituationen erfordern schnelle und offene Kommunikation. Diese Übungen helfen Teams, Kommunikationsbarrieren abzubauen und proaktiv auf Herausforderungen zu reagieren. Durch die regelmäßige Auseinandersetzung mit solchen Szenarien fühlen sich Mitarbeitende ermutigt, auch im Alltag Probleme frühzeitig anzusprechen und innovative Lösungen vorzuschlagen. So wird eine Kultur der Offenheit und des konstruktiven Austauschs gefestigt, die sich positiv auf echte Krisensituationen überträgt. Das "Wheel of Misfortune" unterstützt Unternehmen dabei, eine Kultur des Experimentierens und Lernens zu fördern. Die regelmäßige Konfrontation mit unerwarteten Herausforderungen normalisiert das Scheitern als notwendigen Bestandteil von Wachstum und Innovation. Mitarbeitende erkennen, dass Fehler keine Bedrohung darstellen, sondern Gelegenheiten zur Weiterentwicklung bieten. So wird das „Unglücksrad“ zu einem Werkzeug für kontinuierliches Lernen, das psychologische Sicherheit nicht nur voraussetzt, sondern aktiv verstärkt. Fazit Das "Wheel of Misfortune" ist nicht nur ein Instrument zur Vorbereitung auf unerwartete Herausforderungen, sondern ein aktiver Treiber für psychologische Sicherheit. Durch das bewusste Erleben von Fehlern als Lernchancen, das Stärken von Resilienz und Vertrauen sowie die Förderung offener Kommunikation wird eine Unternehmenskultur geschaffen, in der Mitarbeitende sich sicher fühlen, Risiken einzugehen und Innovationen voranzutreiben. Dies wiederum sorgt für eine bessere, positive Unternehmenskultur. Der Einsatz des Wheel of MIsfortune kann zentral als auch dezentral in bestimmten Abteilungen oder Teams zur Anwendung kommen. Also, was spricht dagegen, im Unternehmen eine Site für die größten Fuck-ups des Monats oder Jahres einzurichten und die besten davon mit einem kleinen Geld- oder Sachpreis zu prämieren? Und in welchen Teams könnte man das Wheel of Misfortune gut einsetzen? IM NÄCHSTEN NEWSLETTER: Von heimlichen Helden und unheimlichen Zerstörern: Wie man OCB-Pusher fördert und CWB-Crasher verdrängt!
von Carsten Held 7. März 2025
Eine gute Unternehmenskultur hat entscheidenden und sehr direkten Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens sowie das Wohlbefinden der Mitarbeitenden. HR und Führungskräfte tragen eine Schlüsselrolle für eine gute Unternehmenskultur, da sie die Struktur, Werte und Verhaltensweisen innerhalb eines Unternehmens maßgeblich gestalten und beeinflussen. Dabei braucht es noch nicht einmal schlechte HR-Arbeit oder übermäßig schlechte Führung, um Unternehmenserfolg zu verschenken: Es reicht mittelmäßige Führung, gepaart mit einer HR, die im operativen Alltag gefangen ist. Eine offene, positive und unterstützende Kultur ermutigt Mitarbeitende, neue Ideen zu teilen und Risiken einzugehen, ohne Angst vor negativen Konsequenzen. Dies wird gerne mit dem Konzept der Psychologischen Sicherheit umschrieben. (Dies wird im April Thema eines Newsletters werden.) Im Ergebnis zeigt sich – messbar und somit eben auch steuerbar – eine höhere Produktivität, stärkeres Wachstum, gestärkte Resilienz und Krisenfestigkeit, niedrigere Fluktuation sowie höhere Mitarbeiter- und sogar Kundenzufriedenheit: Mitarbeiter, die sich mit den Werten und der Atmosphäre des Unternehmens identifizieren, sind motivierter und engagierter bei der Arbeit. Eine positive Unternehmenskultur führt dazu, dass Mitarbeiter und Talente länger bleiben, wodurch Kosten für Rekrutierung und Einarbeitung gesenkt werden. Die dabei eingesparte Zeit kann dann, unter anderem, eben auch für die Stärkung der Unternehmenskultur genutzt werden. Zusätzlich erhöht eine positive Unternehmenskultur das Wohlbefinden der Mitarbeiter, reduziert Konflikte und schafft ein Gefühl von Gemeinschaft, wodurch die mentale Gesundheit gefördert wird. Dies steigert das Employer Branding: Unternehmen mit einer starken, positiven Kultur ziehen gute Mitarbeiter Top-Talente an. Besonders in wettbewerbsintensiven Branchen ist dies ein entscheidender Vorteil. Mitarbeitende, die stolz auf ihr Unternehmen sind, geben dies in Form von besserem Kundenservice weiter. Eine positive Unternehmenskultur wirkt sich somit direkt auf die Kundenzufriedenheit aus. In Studien sind dementsprechend höhere Cross-Selling Rating und mehr Produktverbesserungen bzw. Produktinnovationen messbar. Dabei bevorzugen Kunden klar solche Unternehmen, die glaubwürdig für Werte stehen und somit Vertrauen signalisieren. Unternehmenskultur als gemeinschaftliche Verantwortung und Managementaufgabe HR fungiert dementsprechend als Architekt der Unternehmenskultur: HR legt beim Thema Unternehmenskultur – basierend auf den vom oberen Management ausgearbeiteten Unternehmenswerten - die Rahmenbedingungen fest (z. B. durch Benefits, Diversity-Programme, Feedback-Kultur) und achtet vor allem bei der Selektion neuer Mitarbeiter nicht nur auf den Person-Job-Fit (P-J-Fit), sondern verstärkt auf den womöglich wichtigeren P-O-Fit (Person-Organisation-Fit): Denn es ist schichtweg einfacher, einem Mitarbeiter neues Wissen oder neue Fertigkeiten beizubringen, als seine grundlegende Einstellung zu ändern! Sie achtet darauf, dass neue Talente sowohl fachlich als auch kulturell zur Organisation passen. Basierend auf den Unternehmenswerten entwickelt HR-Verhaltenskodizes und -Programme, die die gewünschte Unternehmenskultur fördern. Letztlich wird mit Schulungen und Workshops seitens HR dafür gesorgt, dass alle Mitarbeitenden und Führungskräfte die Kultur verstehen und leben können. Führungskräfte als Vorbilder und Treiber im Arbeitsalltag Verhalten prägt Kultur: Führungskräfte leben die Unternehmenswerte vor. Ihre Handlungen und Entscheidungen wirken wie ein Spiegel, an dem sich Mitarbeitende orientieren. Zudem schaffen sie durch Kommunikation, Feedback und Anerkennung ein Umfeld, in dem sich Mitarbeitende wertgeschätzt fühlen und sich aktiv einbringen können: Anerkennung oder gar Belohnung werden eng mit den Werten des Unternehmens verbunden. Entscheidungen unter Einbezug einer unternehmenskulturellen Perspektive getroffen. So setzen Führungskräfte Standards für den Umgang mit Konflikten, die Transparenz von Entscheidungen und die Priorisierung von Zielen. Im Ergebnis stärkt dies das psychologische Sicherheitsgefühl der Mitarbeitenden – ein wesentlicher Faktor für eine gute Unternehmenskultur. Unternehmenskultur als Prozess – nicht als Projekt Unternehmenskultur ist nicht statisch, sondern ein dynamischer Prozess. HR und Führungskräften kommt darin auch die Rolle zu, regelmäßig Feedback einzuholen, Veränderungen anzustoßen und sicherzustellen, dass die Kultur an die Ziele und Herausforderungen des Unternehmens angepasst wird. So wertvoll und ggf. nötig der Initialschuss mittels eines Change Projektes sein mag, es ist wichtig, Unternehmenskultur als Prozess zu begreifen. Fazit Gute Unternehmenskultur ist kein „Nice-to-have“, sondern ein entscheidender Erfolgsfaktor. Sie beeinflusst nicht nur, wie gut ein Unternehmen arbeitet, sondern auch, wie es von innen und außen wahrgenommen wird. Kurz gesagt: Eine starke Kultur ist der Schlüssel zu glücklichen Mitarbeitenden, loyalen Kunden und einem gesunden Unternehmen. Dabei legt HR den Grundstein für die Kultur, während Führungskräfte diese im Alltag umsetzen und leben. Zusammen schaffen sie ein Umfeld, das Zusammenarbeit, Innovation und Zufriedenheit fördert – und das ist entscheidend für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Also, was können HR und Führungskräfte in ihrem Unternehmen aktivieren, damit die Unternehmenskultur mehr als nur ausreichend gestärkt wird? Im nächsten Newsletter: Wheel of Misfortune Ein Game Changer für die eigene Unternehmenskultur!
von Carsten Held 19. Februar 2025
Software ist ein wertvolles Werkzeug, um HR-Aufgaben wie Datenmanagement, Automatisierung von Prozessen und Analysen zu erleichtern. Sie kann Zeit sparen und die Effizienz steigern, ersetzt aber keine menschliche Intelligenz, Empathie und Kreativität. Doch nicht wenige HR-Experten erachten umfassende Personalmanagement-Tools als sehr komplexe und mangelhaft flexible All-in-one Lösung, mit viel Einarbeitungsbedarf und wichtigen Funktionen, welche teilweise tief in Menüs verborgen, quasi „versteckt“ sind. Oft sind bestimmte Daten unterschiedlicher Module nur schwer kombinierbar oder visualisierbar. Individualisierte Anforderungen und Anpassungen sind begrenzt, und tiefergehende Modifikationen erfordern oft Workarounds oder externe Tools. Entmenschlichung Der Fokus auf Automatisierung führt dazu, dass der menschliche Aspekt des Personalmanagements verloren geht: Die individuelle Betreuung von Mitarbeitern kann darunter leiden, den Fokus zu sehr auf Prozesse und Systeme bzw. Software-Applikationen zu richten. Die Gutgläubigkeit gegenüber dem System verrenkt den Blick auf Mitarbeiter- oder Bewerber-Potenziale enorm(st): Rein statistisch betrachtet wird das System oder ein Modul somit keinem einzigen Mitarbeiter so wirklich vollumfänglich gerecht und zusätzlich führt es an beiden Rändern der Verteilung zu Fehleinschätzungen bzw. unbrauchbaren Empfehlungen. Bei in der Breite bekannten Schwächen wird seitens der Mitarbeiter einerseits Missmut zum ständigen Alltagsbegleiter. Andererseits findet man sich aufgrund eigener Bequemlichkeiten damit ab und verharrt lieber mit diesen Schwächen in einer fortwährenden Opferrolle. Die Qualität der Auswertungen und Analysen hängt stark von der Richtigkeit der eingegebenen Daten ab. Diese Eingabe und Qualitätssicherung muss allerdings oft manuell erfolgen und spätestens bei erkannten Qualitätsproblemen wird dann der Aufwand gescheut und lieber im schlechten Alltagstrott verharrt – zum Leidwesen von Mitarbeitern und Bewerbern. Viele HR-Entscheidungen sind komplex und erfordern Kontextverständnis, etwa bei der Auswahl von Kandidaten, der Planung von Restrukturierungen oder der Beurteilung von Leistung. Software hat zudem Schwierigkeiten, kulturelle Eigenheiten von Personen oder des Unternehmens adäquat zu berücksichtigen. Dies hat vor allem strategisch wichtige Implikationen, wenn es um die Verbesserung oder schlicht den Ausbau von Unternehmenskultur geht. Selbst die besten KI-Systeme können falsche Entscheidungen treffen, insbesondere wenn die zugrunde liegenden Daten fehlerhaft oder unvollständig sind. Der sogenannte „Bias“ in Algorithmen führt auch weiterhin zur unbewussten Verstärkung von Vorurteilen (z. B. von Geschlecht, Alter oder Herkunft). Wenn wir Empathie, emotionaler Intelligenz, Motivation oder auch Inspiration unbedingt einer Unternehmens-Abteilung zuordnen müssten, wäre es dann nicht die Personalabteilung bzw. das HR-Management? Wenn wir diese Frage bejahen können und uns ein sofortiges „Aber“ kurz verkneifen, begegnen jeder HR-Abteilung mit umfassendem Einsatz von HR-Software sofort genügend Schwachstellen. Es hängt also, einmal mehr, davon ab, Technik aufgaben-bezogen einzusetzen und nicht blind der gesamten Software-Lösung und der gesamten Prozesskette zu vertrauen, sich dieser aus falscher Bequemlichkeit oder unter dem Deckmantel von Personal- sowie Zeiteffizienzen hinzugeben: Während Module wie Compensation, Performance & Goals oder Workforce Analytics aufgrund des schwächer ausgeprägten menschlichen Faktors sehr gute Dienste verrichten, hinken Module im Zusammenhang mit Onboarding, Recruiting und Selection weiterhin teilweise weit hinter gehobenen Qualitätsstandards und Anforderungen her. Dies schlichtweg deshalb, weil es im Unternehmen nun einmal menschelt und Software an dieser Stelle maximal unbrauchbar ist. Im Ergebnis soll hier für einen differenzierten Umgang und Perspektiven-Wechsel geworben werden: Wenn der Mensch im Mittelpunkt steht – und nicht wenige HR-Experten werben mit diesem Credo, dann kann Software nur äußerst bedingt das beste Mittel der Wahl sein. Obgleich Recruiting und Selection absolute Standardvorgänge im HR-Alltag darstellen, so sind es doch keineswegs standardisierte Aufgaben und somit entziehen sich diese Aufgaben auch dem umfänglichen Übertragen an eine Software. Diese mag hohen Effizienzkriterien genügen, aber macht sie die HR-Arbeit auch wirklich effektiver? Also, wer unter den HR-Schaffenden wird sich künftig wieder ein bisschen mehr dem menschlichen Gegenüber widmen, obgleich auch Software zur Verfügung steht? Und welche HR-Abteilung getraut sich, einzelne Kettenglieder festgefahrener, automatisierter HR-Prozesse aufzubrechen? IM NÄCHSTEN NEWSLETTER: Unternehmenskultur - Kein weicher Faktor, sondern mächtiger Hebel mit messbarem Unternehmenserfolg! In der Verantwortlichkeit: HR und Führungskräfte
von Carsten Held 5. Februar 2025
In Anlehnung an bzw. Vertiefung zu unserem 1. Newsletter („Nichts ist praktischer als eine gute Theorie“) lässt sich die Frage formulieren, wie viel Führungswissen denn von einer Führungskraft erwartet werden darf oder gar soll. Dieser Frage wird sich nicht selten an (virtuellen) Stammtischen und auf Social-Media-Kanälen mehr angenommen als in HR-Abteilungen oder auf oberster Management-Ebene. Die Frage mutet spannend an und hat sicherlich ein gewisses Potenzial die Stimmung anzuheizen. Nicht selten sind dabei ausgerechnet die Stimmen am lautesten, die am wenigsten mit führungstheoretischem Wissen aufwarten können. (Ob sich da manch ein selbstverliebter Praktiker, hochrangiger Manager oder überteuerter Coach ertappt fühlt…?!) Führungstheorie – Warum sie wichtig ist Führungstheorien bietet einen Rahmen, um die Komplexität von (Menschen-)Führung zu verstehen und darin die eigene Rolle sowie das eigene Können zu reflektieren. Diese Reflexion ist wichtig, um eigene Stärken und Schwächen zu erkennen und sich vor allem im Umgang mit anderen Menschen als wissende Führungskraft auszuzeichnen oder schlichtweg zu verbessern. Denn nur dann wird den unterschiedlichen Charakteren und Situationen angemessen begegnet. Da es also nicht das eine One-Size-Fits-All gibt, braucht es einen gut gefüllten Führungskräfte-Methodenkoffer . Ansonsten bleibt der gute alte Hammer das einzige Werkzeug und somit wird jedes Problem zu einem Nagel. Akzeptieren wir für den Moment, dass es einen gut gefüllten Methodenkoffer braucht: Na, warum dann nicht einen mit Methoden, die evidenzbasiert und somit nachweislich Führungserfolg vorhersagen? Um im Bild des Hammers zu bleiben: Es gibt einen Grund, warum Profi-Handwerker auf bestimmte Marken zurückgreifen und nur äußerst selten der Hausmarke des Baumarktes um`me Ecke vertrauen. Die Hausmarke mag es für den Hobby-Bastler tun und manche Produkte der Hausmarke genügen durchaus mal dem Profi. Aber wer auf der sicheren Seite sein will… Es sollte also in keiner HR-Abteilung, keinem Vorstellungsgespräch oder auf Vorstandsebene darum gehen, ob es auch ohne theoretisch fundiertes Führungswissen geht. Zudem muss eine Führungskraft ja auch nicht jede Theorie kennen. Und gerade bei Neueinstellung könnte von Unternehmensseite durchaus mal elegant abgeklopft werden, ob jemand außer Erfahrung auch das ein oder andere theoretische Konstrukt kennt und in die Praxis überführen kann! Geht es auch ohne Theorie? Ja, das kann durchaus funktionieren. Besonders dann, wenn eine Führungskraft auf natürliche Stärken wie Empathie, Kommunikationsfähigkeit und Entscheidungsfreude zurückgreifen kann. Aber Führung ohne Theorie und mit fehlendem arbeits- sowie sozialpsychologischem Wissen hat Grenzen und kann zum Problem werden. Warum ein solches Risiko – im Umgang mit Mitarbeitern – eingehen? Oft wird hierbei auch der Begriff Intuition angeführt. Intuition ist zweifelsfrei sehr wichtig und leistet einer guten Führungskraft gute Dienste. Doch wie entsteht eigentlich (gute) Intuition? Ein Arzt kann nur intuitiv eine seltene Krankheit erkennen, wenn er zuvor theoretisches Wissen über Symptome, Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten erworben hat. Dieses Wissen wird dann durch (viel) Erfahrung ergänzt und erst dann in intuitiven Entscheidungen genutzt. Eine Führungskraft, die beispielsweise die Theorie des „Situativen Führens“ kennt, kann intuitiv die richtige Führungsstrategie wählen, weil sie das theoretische Modell verinnerlicht hat. Auch beim guten alten Bauchgefühl geht es also keineswegs ohne eine saubere, fundierte Grundlage. Theorie macht Intuition präziser: Ohne theoretischen Hintergrund bleibt Intuition vage und kann fehlgeleitet sein. Theorie erlaubt es, intuitive Entscheidungen zu validieren und besser zu begründen. Intuition entsteht also, wenn Theorie und Erfahrung verschmelzen: • Theorie gibt die Regeln und das Wissen vor. • Erfahrung bringt die Praxis und das Feingefühl mit. Fazit Die Balance zwischen Theorie und Praxis entscheidet: Denn theoretisches Wissen allein reicht nicht aus, um in komplexen, dynamischen Situationen adäquat zu handeln. Dabei muss eine gute Führungskraft nicht zur Führungstheorie-Expertin werden. Es ist jedoch sinnvoll, grundlegende Modelle und Prinzipien zu kennen und gezielt anwenden zu können. Theorie und Praxis sollten Hand in Hand gehen, wobei die persönliche Weiterentwicklung, Reflexion und situative Anpassungsfähigkeit (= „Wann nutze ich welche Elemente aus meinem persönlichen Methodenkoffer?“) Schlüsselfaktoren darstellen. Allen, die sich weiterhin einer evidenzbasierten Basis entziehen sei provokant die Nachfrage gestellt: Was ist ihnen lieber, eine Führungskraft mit oder ohne theoretisch fundiertem Führungswissen im persönlichen Methodenkoffer? IM NÄCHSTEN NEWSLETTER ZU LESEN: PersonalManagement-Tools - Nicht mehr wegzudenkende Helfer und doch entscheidende Qualitätsbremser
von Carsten Held 23. Januar 2025
Über die Sinnhaftigkeit von Anschreiben als Teil der Bewerbungsunterlagen wird seit einiger Zeit heiß diskutiert. Diese Diskussion wird umso brisanter, seit Bewerber in den Erstgesprächen offen gestehen, für das Anschreiben KI genutzt zu haben.
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